Berufsorientierung: 4. Klassen

Berufsorientierung: 4. Klassen

Gedanken einer Klassenvorständin im BIZ

Mappen über Mappen und „meine Kinder“ mit Feuereifer bei der Arbeit. Am liebsten habe ich es, wenn sie sich das BRG Traun anschauen und mich möglichst viel darüber fragen. Aber leider. Ich werde kaum benötigt. Zu sehr sind sie von den vielen Möglichkeiten überrollt. HTL da - HTL dort, HAK, HBLA  - voll cool.

Ich schlürfe wie so oft Kaffee und gleite zurück. Ist das wirklich erst drei Jahre her, dass diese Kinder mich gefragt haben, mit welcher Farbe sie unterstreichen sollen und was zu tun sei, wenn die Heftseite aus ist? Darf ich ihnen sagen, wo ich ihre Begabungen vermute? Steht es mir zu, ihnen zu sagen, dass sie so vieles noch gar nicht kennen und sich viel zu früh für eine Richtung entscheiden? Rede ich da nicht quasi automatisch pro domo?

Ja, ich bin eine Fanfrau der Allgemeinbildung. Ja, ich bin überzeugt davon, dass es schlauer ist, sich zuerst die Fülle der Möglichkeiten anzuschauen und sich dann zu entscheiden, es sei denn, es hat sich bis jetzt schon ein ausgeprägtes Interesse für einen Bereich gebildet.

Sie fragen mich. Ich weiß doch sonst auch alles. Nein, weiß ich nicht. Nur du kannst wissen, wohin dich deine Leidenschaft zieht. Ich kann dir nur sagen, was ich wahrgenommen habe.

Dann die Frage aller Fragen. Was wollten denn Sie mit 14 werden? Wirtschaftsministerin von Brasilien. Die Ungerechtigkeiten ausbügeln. Ein bemitleidender Blick trifft mich. Das ist ja voll daneben gegangen. Nein, meine Lieben, ist es nicht. Das ist noch immer mein Thema. Soziale Ungerechtigkeit wohnt nicht in Südamerika. Sie verstehen mich nicht, sind aber froh, dass ich nicht traurig bin.

Sie kommen zurück auf unsere Outdoortage. Darauf, wie man Ziele auswählt. Nicht nur beim Bogenschießen. Darauf, dass sich manches erst im Experiment und im Ausprobieren nicht als richtig oder falsch, sondern als tauglich und passend oder eben nicht, herausstellt, wie beim Floßbauen. Darauf, dass man manchmal auch Uncooles aushalten muss, wenn man etwas will (Waschelnass am Sessellift ist kein Vergnügen, aber der Berg kommt nicht von selbst;).

Darauf, dass man Entscheidungen ja auch korrigieren kann. Da gibt es doch so einen Dichter, der Ihnen so gefällt.

Ja, den gibt es. Er gefällt mir nicht zwingend, aber das, was er schrieb, halte ich für klug:

Wer A sagt, muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.

Aja, der Brecht Berti, wie Sie immer sagen.

Mitten in meine ein wenig larmoyanten Reminiszenzen knallen sie mit den Ergebnissen ihrer Interessenstests. Manche hochzufrieden, andere hätten es gerne konkreter gewusst.

Wege entstehen beim Gehen, hätte ich gerne gesagt. Nicht hilfreich, hätten sie dann grinsend geantwortet. Ich entscheide mich also dafür, dass wir zunächst einmal etwas essen gehen. Was uns schmeckt, wenigstens das, wissen wir ganz konkret.

Ute Bauer